KUNSTgedankenDante Alighieri

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Dante Alighieri


Nein, das berühmte Buch ist wirklich nicht leicht zu lesen!

Glaubt bitte nicht leichtfertig, was in den letzten Wochen immer mal wieder zu hören oder zu lesen war – in dieser Zeit rund um das große Jubiläum: den 700. Todestag des Dichters Dante Alighieri, der am 14. September im Exil in Ravenna gestorben ist.

Das Dante-Mausoleum in Ravenna

Fotos: Dr. Jürgen Köhler

Ich habe sechs Jahre lang als Präsident die Deutsch-Italienische Gesellschaft Società Dante Alighieri Bonn geleitet und bin deshalb notwendigerweise immer wieder mit dem Namenspatron mit dem großen Übervater der italienischen Literatur-, Geistes- und Kulturgeschichte, in Berührung gekommen.

Ich weiß also wovon ich rede, wenn ich hier versichere, dass die Lektüre der Commedia – der sogenannten "Göttlichen Komödie" ein wirklich harter Brocken für jeden Normalgebildeten ist und dem heutigen Leser eine Menge abverlangt.


Illustration der Anfangszene gezeichnet von Gustav Doré

Dabei gibt es in der Tat recht eingängige Stellen. Wie etwa den Anfang der Erzählung, wenn (die literarische Figur) Dante sich in einen finsteren Wald verirrt "weil (ihm) die Spur vom graden Wege schwand". Der auf Abwege geratene Dichter weiß nicht mehr ein noch aus, droht von wilden Tieren zerfleischt zu werden und wird, als die Situation gänzlich aussichtslos erscheint, doch gerettet:
Vergil eilt ihm zur Hilfe. Der Dichter der Aeneis führt Dante aber nicht einfach wieder aus dem dunklen Wald heraus, sondern nimmt ihn mit auf eine gewaltige (100 Gesänge dauernde) Unterweltreise:
Durchs Höllentor geht es und die fürchterlichen neun Höllenkreise des Inferno hinab bis zu Satan selbst, der die schlimmsten Übeltäter der Menschheitsgeschichte höchstpersönlich zerfleischt. Dann geht es weiter: Umdrehung für Umdrehung den Fegeberg (Purgatorio) hinauf bis zum Garten Eden, um schließlich (jetzt geleitet von Dantes unsterblich geliebter Beatrice) die verschieden Kreise des Paradiso zu durchqueren, bevor der Dichter zurück auf die Erde geschickt wird, um den frevelhaften Menschen im Diesseits einen sprachgewaltigen Bericht seiner Erlebnisse niederschreiben zu können.  

Geryon als Dämon (Canto 17 Verse 117) - Illustration von Gustave Doré
Luzifer verspeist Cassius, Brutus und Judas Iskariot - Codex Altonensis, ex Bibliotheca Gymnasii Altonani, Hamburg
Das Paradies - Illustration von Gustave Doré

Es sind immer wieder sehr packende Bilder, die da beschworen werden – die beeindrucken und ergreifen, selbst wenn man ihre Bedeutung vielleicht nicht vollkommen versteht. Sie machen den Ruhm des Werkes aus und haben über die Jahrhunderte hinweg ungezählte Künstler, spätere Dichter und sehr viele Musiker inspiriert.

ABER: Es darf nicht verschwiegen werden, dass es darüber hinaus zahlreiche und lange Passagen gibt, die derart voll gespickt sind mit Anspielungen auf historische Gestalten und auf Zeithistorisches, dass es den Zeitgenossen Dantes wahrscheinlich leicht gefallen ist, diese Abschnitte zu verstehen, dass es für uns aber ohne unterstützende Sekundärliteratur schlichtweg unmöglich ist, aus dem Geschriebenen schlau zu werden. Da bedarf es schon einer gehörigen Portion Frustrationstoleranz!

Es ist nun aber keineswegs meine Absicht, jemandem vom löblichen Versuch dieses große Stück Weltliteratur im Dantejahr endlich einmal selbst zu lesen, abzubringen!
Ich möchte nur vorsichtshalber warnen und jeden trösten, der sich zwischendurch selbst wie ein im finsteren Gestrüpp verirrter Versewanderer fühlt: Macht euch nichts draus! Das ist vollkommen normal und ihr befindet euch in allerbester Gesellschaft!


Die Idee dieses wichtige Jubiläum (das in Italien, wie ich auf meinen Reisen in Norditalien zuletzt feststellen konnte, eine ungeheure Aufmerksamkeit erfährt) auch in einem Beitrag hier auf dieser Seite zu würdigen, kam mir schon früh. Dann war mir aber der Brocken zu dick und der Anspruch zu groß in einer Zeit, in der das Reisen endlich wieder möglich ist und ich sehr viel unterwegs bin.
Nun hat mich aber erfreulicherweise vor wenigen Tagen unser Abonnent Dr. Jürgen Köhler (von dem die Fotos oben stammen und der auch schon die schönen Bilder aus Orgonsolo mit uns geteilt hat) auf einen wunderbaren Filmbeitrag aufmerksam gemacht (wieder einmal, wie könnte es anders sein, ein ARTE-Film). Es ist eine spannende Mischung aus Dokumentation, Lesung und filmkünstlerischer Hommage, die eine stimmungsvolle Annäherung an Dante und seine Zeit bietet.
Ganz besonders auch wegen der Bezüge zu Dantes großen Zeitgenossen, dem Maler Giotto di Bondone und dem Bildhauer Giovanni Pisano, eignet sich der Film zur perfekten "Dantejahr-Empfehlung" im KUNSTgedanken-Magazin!